Warum Trennkost nicht immer der beste Weg ist

Dies ist kein Gegenpost zu diversen Trennkost-Diäten, die vielleicht ihre Daseinsberechtigung haben. Nein, im Gegenteil, in diesem Post geht es ums Essen und zwar darum, ausreichend zu essen; es geht um unsere Kinder.

Ihr kennt das, ihr habt alle einschlägigen Ratgeber auf eurem E-Reader oder im Regal, ihr kennt sie in- und auswendig und dann entscheidet euer Nachwuchs von heute auf morgen, dass die ach-so-ausgewogene-und-vollwertige Familienkost einfach nichts für ihn ist. Euer Nachwuchs möchte Nudeln, pur bitte, ohne Soße; nicht mal mit einem Klecks, schon gar keine Gemüsenudeln untergejubelt. Nein, bitte puren Hartweizengrieß und Wasser, allenfalls noch ein Ei darin. Das wars.

Ja, „das wars“ schießt vielen Eltern in einer solchen Situation durch den Kopf. War es das wirklich?

Ist das das Ende von leckeren One-Pot-Gerichten, die alle Leckereien in einem Topf vereinen? Herrlich Mami-/Papi-freundlich (je nachdem, wer mit dem Kochen dran ist), besonders abwaschfreundlich obendrein. Keine Bratlinge mit verstecktem Gemüse oder gar verstecktem Fisch mehr?

Der erste Griff zum E-Reader oder der Gang zum Bücherregal fällt ernüchternd aus: Davon war nie die Rede. Keiner hat euch darauf vorbereitet. Keine Problemlösungsstrategie zu finden.

Bevor ihr euch graue Haare wegen reichlich ungegessenem Gemüse, Fleisch oder Fisch macht, sei euch gesagt: Dieses Verhalten ist völlig normal bei Kleinkindern und kommt phasenweise bis ins Grundschulalter oder länger immer wieder. Hintergrund sind Entwicklungsschübe, in denen euer Kind neues lernt, was es begeistert, aber auch Angst macht. Aus diesem Angstgefühl kommt das Klammern an Bekanntem und eine Angst vor Neuem, auch auf dem Teller.

Man kann so einem kleinen Trennköstler nun auf zwei Arten begegnen:

Entweder er bekommt, was er möchte: trockene Nudeln, jeden Tag, solange er möchte. In der Hoffnung natürlich, dass er die Nudeln bald satt hat.

Oder man respektiert diesen plötzlich aufgekommenen Sinneswandel genau einen Tag und – ignoriert ihn dann.

Wie ihr wisst, bin ich ein Freund von dem oft zitierten Satz „ein gesundes Kind holt sich, was es braucht“. Dennoch bin ich auch Mutter und einer meiner Hauptsorgen ist, dass meine Kinder gesund bleiben und sich, ja, auch ausgewogen ernähren. Wenn ich nun dafür spreche, den Wunsch nach Trennkost zu ignorieren, dann mache ich das aus zwei Gründen:

Der eine ist meine eben erwähnte Muttersorge, der andere, weil ich davon überzeugt bin, dem Kind mit dem ständigen Nachgeben keinen Gefallen zu tun.

Ich bin kein Freund von pflicht-aufgegessenen Tellern, noch davon, dass Kinder alles essen müssen, was auf den Teller kommt, weder alle Zutaten noch die Menge. In der Regel können Kinder bis ins (Vor-)Schulalter ihren Hunger nicht so gut einschätzen, dass sie sich ihren Teller selbst befüllen können (den sie dann auch aufessen können).

Was wir unseren Kindern, auch am Familientisch, aber mit auf den Weg geben können, ist ein entspannter Umgang mit Mahlzeiten, auch und besonders mit fremden.

Nicht wenige Kinder essen heutzutage zwei ihrer Hauptmahlzeiten in Kindergärten oder Schulen. Beim Frühstück gibt es noch eine große Auswahl, ob Müsli oder Brot, welche Müsli-Zutaten oder welcher Brotbelag. Beim Mittagessen gibt es meist nur ein Gericht und genau darauf möchte ich meine Kinder vorbereitet wissen.

Im Kindergarten kocht nicht Mami, auch nicht Papi, sondern ein fremder Koch oder Köchin und zwar so, wie es der Kindergarten vorgibt. An manchen Tagen freut sich der Trennköstler über trockene Nudeln auf seinem Teller und missachtet die herrlich rote und duftende Tomatensoße, an manchen Tagen bekommt er eine sämige Gemüsesuppe, dessen Komponenten nicht einmal mehr zu erahnen, geschweige denn mit der Nase zu erfassen sind.

Was macht der „ich-esse-nur-trockene-Nudeln“-Trennköstler an Suppentagen? Hungern? Bestimmt nicht. Am Nachmittag ist eine Waldwanderung angesagt mit spätem Picknick, also braucht er jetzt etwas zu essen. Jetzt! Und er isst. Weil er Hunger hat, weil er keine andere Chance hat und weil es ihm schmeckt.

Am nächsten Tag ist ein Ausflug angesetzt und unterwegs gibt es Würstchen im Brötchen mit Ketchup. Dem kleinen Trennköstler stehen schon bei dem Gedanken die Haare zu Berge, aus diesem herrlich einfachen Trennkost-Gericht ein „One-Hand-Gericht“ zu machen, so wie es seine Erzieher vorhaben.

Zur Mittagszeit passiert es dann und – der Trennköstler bockt kurz, überlegt und beißt dann, wie alle anderen hungrigen Kinder, in Brötchen und Wurst gleichzeitig und erfreut sich an  herausquetschendem Ketchup.

Und weil dieses Konzept im Kindergarten klappt *), rate ich allen Eltern von plötzlichen kleinen „ich will nur trockene Nudeln“-Trennköstlern davon ab, dem Willen nachzugeben.

Als Vorbereitung auf Mahlzeiten außerhalb der eigenen vier Wände können auch Besuche bei Oma und Opa, Tante und Onkel oder auch dem besten Freund/der besten Freundin helfen. In der Regel sind kleine Trennköstler gar nicht mehr so erpicht auf Trennkost, wenn es das Lieblingsgericht gibt. Mit Soße versteht sich.

Diskussionen über Essen mit den Kindern oder vor den Kindern verbieten sich selbstverständlich. Tauscht Kochrezepte aus, verhandelt über Zutaten in der Suppe oder dem Pfannkuchen, aber debattiert nicht stundenlang vor dem Trennköstler, warum das Gemüse zu den Nudeln so wichtig ist. Glaubt mir, er weiß es.

Wie könnt ihr nun euren Familienalltag diskussionsarm für Eltern und den kleinen Trennköstler gestalten. Eine mediterrane Ernährung ist ja empfehlenswert, aber jeden Tag Nudeln? Sofern ihr keine Italiener seid, oder selbst wenn, ihr euch und eure Familie aber ausgewogen ernähren wollt, greift ruhig trotz des kleinen Trennköstlers zu anderen Zutaten, was der Supermarkt so hergibt. Achtet bei den Familiengerichten darauf, dass mindestens eine bekannte Zutat für euren Trennköstler dabei ist, die er mag. Übt euch darin, Gemüse zu verstecken, wenn das ein Trennkost-Problem ist. Auch Fleisch oder Fisch lassen sich in Aufläufen oder Bratlingen verstecken. Habt ihr einen Fleischesser, der alles andere auf dem Teller lässt, versteckt ihr eben Getreide und eventuell auch Gemüse in einer Frikadelle und habt so ein ruhiges Gewissen, wenn euer Nachwuchs schon zum dritten Mal nachnimmt.

Ja, gesunde Kinder nehmen sich, was sie brauchen, aber da sie nicht selbst kochen, ist es an uns Eltern, sie dabei zu unterstützen.

In meinem Blog findet ihr fünf Posts zum Thema „Holt mehr aus eurem Essen“. Dort habe ich Tipps notiert, wie besonders Wenigesser oder Trennköstler mit kleinen Happen reichlich Nährstoffe bekommen, die sie zum Wachsen brauchen.

 

Ich wünsche allen Eltern gute Nerven mit ihrem kleinen Trennköstler und denkt daran, es ist nur eine Phase.

 

*) Hartgesottene Kinder verweigern auch schonmal das Essen im Kindergarten. Sofern das Kind gesund ist und eigentlich alles essen kann, würde ich es aussitzen, so lange es vertretbar ist.